Wie die „Wall of Sound“ entsteht – ETA LUX im Tech Talk

ETA LUX über zu saubere Bühnen und die richtige Energie beim Recording

Der Proberaum von ETA LUX in Bremen-Hastedt ist in einem mehrgeschossigen Gebäude. Ein indischer Tempel war hier mal drin, erzählt Tobi, der Bassist, auf dem Weg nach oben. Dann kommen wir in einen länglichen, kleinen Raum, vielleicht 20 qm groß. Es riecht nach warmer Technik und langen Nächten, vor dem Fenster hängen eine Luftmatratze und viel Stoff – „für die Nachbarn“. Die Stoner-Doom-Kombo ETA LUX besteht aus Torsten (Gitarre), Poschi (Drums), Christoph (Gesang) und Tobi (Bass) – und sie alle lieben es, über gute Musik und saftigen Sound zu sprechen. Heraus kam ein herrlich ehrliches und etwas chaotisches Gespräch mit den Bremer Fuzz-Mäusen.

Moin ETA LUX – ihr macht Musik, die zwischen Stoner Rock, 70s und Doom Metal nicht so recht in eine Schublade passt. Wie würdet ihr euren Sound beschreiben, ohne(!) Genres oder musikalische Vorbilder zu nennen?

 

Torsten: Stark verzerrte Saiteninstrumente hatten wir schon immer. Wir haben vor langer Zeit eher metallisch angefangen. Das Schlagzeug war immer schon sehr, sehr laut. Und dann mussten andere Instrumente aufrüsten, um sich gegen das Schlagzeug zu behaupten.

Christoph: Ja, das Schlagzeug treibt den Sound sehr stark.

Poschi: Ich benutze Marching Sticks, die eigentlich nicht fürs Schlagzeug da sind. Ich habe sie im Laden gesehen und es stand groß dran: „Nicht für Schlagzeug!“ Da dachte ich: Wieso denn nicht? Das probiere ich aus. Und ich mag den Sound. Ich „peitsche“ jetzt nicht mehr so sehr. Ein Effekt davon ist, dass ich trotz der dicken Sticks weniger Becken kaputt haue. Ich nutze die Moeller-Technik, auch die profitiert von den Marching Sticks. Außerdem nutze ich Nylontips statt Holztips. Aber so dicke Sticks machen auch ordentlich Lautstärke.

Torsten: Wobei wir inzwischen davon weg sind, einfach nur lauter, lauter, lauter zu werden.

Die Moeller-Technik ist eine spezielle Schlagtechnik für das Schlagzeug. Sie ist benannt nach Sanford A. Moeller und wurde entwickelt, um effizient, schnell und mit begrenzter Anstrengung auch in langen und intensiven Stücken zu spielen. Sie besteht aus vier Hauptbewegungen:

  1. Down Stroke: Hierbei schlägt der Schlagstock hart auf die Trommel und bleibt auf der Oberfläche liegen. Das erzeugt einen starken, lauten Ton.

  2. Up Stroke: Hier prallt der Stock von der Trommel ab, um sich auf den nächsten Stroke vorzubereiten. Der resultierende Ton ist leiser.

  3. Tap: Dies ist eine sanfte Bewegung, bei der der Schlagstock die Trommel berührt und schnell wieder hochspringt. Dies erzeugt einen noch leiseren Ton.

  4. Full Stroke: Bei dieser Bewegung schlägt der Schlagstock mit voller Kraft auf die Trommel und springt wieder in die Ausgangsposition zurück, was einen kräftigen, lauten Ton erzeugt.

Die Moeller-Technik ermöglicht es dem Schlagzeuger, eine breite Palette von Dynamiken zu spielen, während er gleichzeitig relativ mühelos schnelle Schlagfolgen einbauen kann. Das macht diese Technik sehr wertvoll für Drummer, die lange und komplexe Stücke spielen können, ohne schnell zu ermüden.

Eure Lautstärke ist aber kein Stilmittel, sondern ein eher Symptom?

Poschi: Genau. Wir sind sehr laut, aber nicht weil das irgendwie cool ist oder so. Ich spiele halt sehr laut Schlagzeug. Das sagen Tontechniker oft: Ey, dreht mal runter – das ist Feedback Nr. 1 beim Soundcheck.

Torsten: Aber das ist eben so: Das Schlagzeug hat keine Lautstärkeregelung und wir spielen nicht mit ChiChi-Schlagzeugen, nicht mit Triggern, sondern mit echten Kesseln.

Poschi: Keine Plug-ins, kein Direct-in, keine digitalen Amps, kein Click auf der Bühne, wir brauchen die direkte Energie zwischen uns, egal wo. Wir arbeiten ja auch mit Rückkopplungen direkt von unseren Amps. Auch dafür braucht es nun mal Lautstärke.

Wenn wir nur die Saiteninstrumente betrachten, wie kommt der ETA-LUX-Sound zustande?

Tobi: Ein großer Teil unseres Sounds kommt daher, dass wir sehr tief spielen. Alle Saiten sind 4 Halbtöne tiefer gestimmt und die erste Saite noch mal 2 Halbtöne tiefer. „Drop A#“ würde man das nennen.

Torsten: Gitarre und Bass sind beide sehr bassig und arbeiten mit Fuzz, um eine fette „Wall of Sound“ zu schaffen.

Tobi: Ich nutze sogar zwei Fuzz-Effekte gleichzeitig – die arbeiten teilweise auch so zusammen, dass der Sound nicht unbedingt noch fuzziger wird. Zwei Fuzz-Pedals übereinander können sich auch gegenseitig zähmen.

Christoph: Die Wall Of Sound beschreibt es einfach ganz gut. Ich bin später zur Band gekommen und …

 

 

… immer, wenn ich zu den Jungs in den Proberaum gekommen bin, stand da eine Audiowand im Raum. Das geht direkt in den Bauch.

 

Wie kommt die Wall of Sound zustande? Ihr seid bassig und laut, was macht das zu einer Wand?

Poschi: Es sind schon die sehr tiefen Töne, auch die Bassdrum ist sehr stark und tief, schön „mumpfelig“, nicht so kickig. Aber auch das Zusammenspiel der Band, eine gewisse Gleichberechtigung der Instrumente.

Christoph: Ja. Wir haben keine klassische Lead-Gitarre, die irgendwie melodisch über den anderen schwebt, sondern Torsten ist Teil der Wand aus Bass, Drums und Gesang. Auch ich als Sänger singe keine Hook-Lines über die Musik drüber, als wäre das so ein Zusatz, der darüber gestreuselt wird, sondern bin „im“ Song. Das ist alles eine große Sound-Welle dadurch.

Poschi: Es ist natürlich so, dass die Orange-Boxen einen Anteil an der Wand haben. Die drücken den Sound richtig nach vorne.

Tobi: Wir nutzen alle vergleichsweise wenige Effekte. Ich nutze neben den beiden Fuzz-Pedalen noch einen Flanger, ein Wah-Wah und einen Booster für die pauschale Signalanhebung. Ein sauberes Anfangssignal ist wichtig. Die Orange-Boxen haben einen Holzkorpus, das macht im Tiefton einen großen Unterschied. Da scheppert nichts im Bass. Die Metallboxen vieler Hersteller fangen in den tiefen Tönen an zu scheppern. All das gehört zur Sound-Wand, die wir machen.

Ist das gut auf die Bühne übertragbar – die Locations sind ja sehr unterschiedlich und euer Tiefton-Sound reagiert entsprechend unterschiedlich auf eine Halle und auf eine Eckkneipe, oder?

Torsten: Es geht. Eigentlich sind wir eine Band, die sich technisch auch an den 70ern orientiert und in vielen kleinen Clubs gar nicht durch eine PA-Anlage abgenommen werden müsste. Oft werden wir aber abgenommen, um die Bühne und den Sound allgemein besser zu kontrollieren. Ich habe auch eine Art Limiter-Equalizer-Effekt, der bis auf die Mitten ein wenig meinen Sound bändigt, wenn es auf der Bühne zu unbeherrschbar wird. Bock hab ich da nicht drauf, aber wenn’s nicht anders geht, rettet das den Sound. Wir können also auch die kleinsten Locations bespielen. Unsere Bühnenlautstärke ist eine Herausforderung für Mischer, weil sie’s nicht gewohnt sind.

Christoph: Viele Bands spielen mit DI-Ausgang direkt ins Mischpult, da ist gar nichts auf der Bühne, außer dem Laptop.

Torsten: Viele Metalbands haben ja eine ganz cleane, leise Bühne mit perfekter digitaler Abnahme.

Das sagst du, als wäre es was Schlechtes …

Torsten: Ist es auch, finde ich. Da findet ja kaum Sound auf der Bühne statt. Wenn ich früher eine Band gut fand, bin ich bis vor die Bühne gegangen, da war der Sound immer am besten. Heute ist der Sound weder auf der Bühne noch direkt davor am besten, sondern an der Bar oder da, wo der Mischer eben sitzt.

Zurück zur Wall of Sound und lauten Bühnen: Wie kriegt ihr diesen Sound ins Studio?

Christoph: Wir nehmen unsere Platten bei Timo Hollmann im Studio  auf. Der hat unseren Sound einfach gut verstanden. Das ist natürlich ein großer Vorteil für die Arbeit mit einem Mischer im Studio.

Poschi: Wir machen es so, dass wir natürlich Probeaufnahmen aus dem Proberaum ins Studio schicken, als Referenz. Und Timo ist auch zur Probe gekommen, um sich die neuen Songs vorher live anzuhören. So ist die Übertragung vom Proberaum ins Studio leichter.

Torsten: Wir nehmen grundsätzlich im Studio alle Instrumente gleichzeitig live in einem Raum auf und erzeugen dadurch viel Proberaum-Atmosphäre. Wir nutzen so wenig digitales Equipment wie möglich. Alle Effekte machen wir selbst. Da haben wir mit Timo auch Glück, weil er ein Spielkind ist wie wir. Das Megafon, das man in einem Song hört, ist ein echtes Megafon vor dem Mikro, kein digitaler Effekt. Und wenn er sagt, „mach mal den Reißverschluss deiner Jacke vorm Mikro auf und zu“ oder „kratz mal mit dem Mikro am Ventilator“, testen wir das – am Ende kommt ein interessanter Effekt dabei raus.

Christoph: Der Mischer muss bei unserer Musik schon recht viel Ahnung von dem haben, was er tut. Es beißen sich viele Frequenzen, die man auseinander fummeln muss. Das ist Equalizer-Schwerstarbeit.

Poschi: Wir könnten nicht so aufnehmen, dass alle von uns einzeln aufnehmen und dann geht’s ins Mixing. Das geht nicht. Wir müssen diese Energie des Zusammenspiels im Studio erzeugen, dafür müssen wir in einem Raum sein.

Habt ihr das Mastering auch bei Timo gemacht? So eine Binsenweisheit ist ja, dass das Mastering jemand anders machen muss als den Mix vorher.

Tobi: Lustige Geschichte – wir haben fünf Master unseres aktuellen Albums machen lassen. Timo hat uns dann alle fünf als „Blindtest“ zum ersten Mal hören lassen. Da waren renommierte Produzenten dabei, die zum Beispiel auch Mantar gemischt haben. Wir haben uns blind für einen Master entschieden, der für uns am besten klang – es war Timos eigene Version.

Headergrafik und Bilder mit freundlicher Genehmigung von ETA LUX / Ole Janssen

Vielen Dank für diese ehrlichen und klaren Einblicke in die Welt von ETA LUX!

Mehr über ETA LUX erfahrt ihr hier:

FB
Facebook
IG
Instagram
SP
Spotify
YT
YouTube

Das IMG STAGELINE Team erreicht ihr hier:

FB
Facebook
IG
Instagram