Konzerte trotz Krise: Mit dieser einfachen Technik klappt der Livestream

Livestream-Technik für Bands und Musiker: So behalten euch die Fans in der Corona-Krise auf dem Schirm


Die Corona-Pandemie trifft die Kreativszene hart. Clubs und Locations machen dicht, Veranstaltungen fallen aus. Für Bands und Musiker heißt das: Keine Konzerte, noch dazu kaum Kontakt zu den Fans. Geht euch auch so? Die Lösung: Livestream-Konzerte. So kommt ihr euren Fans auch auf Abstand nah und streamt vom Wohnzimmer oder Proberaum aus in Echtzeit direkt in die Welt. Und das Beste: Dafür braucht ihr nicht mal viel. Bock auf einen Livestream-Gig? Wir zeigen, welche Technik ihr für den Einstieg braucht.


Mit dem richtigen Set-up zum Livestream-Konzert – ein Überblick:

 

Zuallererst: Ein gutes Livestream-Set-up muss nicht perfekt sein. Fünf unterschiedliche Bildschirme, teures, ausgeklügeltes Sound-System und extra viele Specials? Klingt cool – aber auch teuer und aufwendig, vor allem für Einsteiger. Backt doch lieber erst mal kleine Brötchen. Wenn die Kamera ruckelt, ist das kein Weltuntergang. Um das und andere Anfängerfehler wie unscharfe Streams und nerviges Rauschen zu vermeiden, gibt es einfache Tricks. Zum Beispiel diese hier:

Die richtige Technik für die Audio-Qualität

Beginnen wir direkt mit dem wichtigsten Part: der Audio-Qualität. Auch (oder gerade) wenn euch die Fans nur über den Bildschirm verfolgen, soll der Sound natürlich umso fetter sein. Dafür braucht ihr das richtige Mikrofon. Je nach Streaming-Set-up könnt ihr in der Regel euer Audio-Interface einbinden und mit den Mikrofonen arbeiten, die ihr vielleicht ohnehin für eure Home-Recordings nutzt. Wollt ihr aus einem relativ geräuschvollen Raum streamen? Dann ist die beste Wahl ein dynamisches Mikro. Ist es bei euch zu Hause oder im Studio sehr leise? Dann holt euch ein Kondensatormikrofon. Bei einem Kondensatormikrofon ist es ratsam, sich zusätzlich (falls nicht ohnehin dabei) einen Erschütterungsschutz (Spinne) zuzulegen, da kleinste Erschütterungen sonst zu Störgeräuschen führen. Wer den Sound genauer abmischen und beispielsweise fette Hall-Effekte einbinden will, sollte das in der Signalkette vor dem Interface tun. Achtet unbedingt darauf, bei der Aufnahme ausreichend Headroom zu lassen. Das Geheimrezept? Nicht zu viel Gain. In kurz: Haltet die Spitzen eurer Wellenformen um die -9 dBFS und euren Soundkörper um die -18 dBFS – dann seid ihr voll im Soll und vermeidet Übersteuerung und Störgeräusche. Ihr wollt noch mehr erfahren? Wir haben zum Thema Gain Staging was für euch aufgeschrieben.

So kommt der Sound in den Stream

Um den Sound für euren Livestream aufzunehmen und zu mischen, könnt ihr im Prinzip dasselbe Equipment wie für eure Live-Auftritte benutzen: Die Mikrofone eurer Wahl sowie ein digitales Mischpult. Das ist euer Herzstück, denn hier sammeln sich alle Instrumente. Verbindet eure Instrumente per XLR/Klinke mit dem Mischpult (etwa: Kanal 1 – Gitarre, Kanal 2 – Gesang). Die Stereosumme aus eurem zusammengemischten Sound geht per XLR-Kabel in ein USB-Audiointerface, was an den Rechner angeschlossen ist. Das Interface dient als Audiostream für eure Streaming-App. Damit ihr die Audio- und Videosignale für den Stream “zusammenmischen” könnt, gibt es diverse Streaming-Software. Am beliebtesten ist die Open-Broadcaster-Software OBS Studio. Der Vorteil: OBS ist relativ selbsterklärend und hat nur die nötigsten Features. Mit OBS könnt ihr euren Ton mischen, Kameraperspektiven umschalten und nach Belieben Texte einblenden. Top-Tipp, damit der Sound auch laut genug ist: Stellt einen Limiter und einen Gain-Regler als Filter auf dem Audioausgang ein.

Ihr wollt mehr über Mikrofonierung erfahren? Dann schaut mal hier rein:

Die richtige Streaming-Plattform

Wer live gehen will, braucht eine Streaming-Plattform. Davon gibt es mittlerweile eine ganze Menge – und je nach Ambitionen lohnt es sogar, mehrgleisig zu fahren. Zu den beliebtesten Livestreaming-Plattformen zählen Twitch, Instagram Live, Periscope, YouTube Live und Facebook Live. Für was ihr euch entscheidet, hängt davon ab, was und wie viele Menschen ihr erreichen wollt. 

Schnell und unkompliziert ...

Soll es unkompliziert, schnell und kostenlos gehen, bietet sich die Live-Übertragung über Social-Media-Plattformen an. Während ihr für YouTube einen Streaming-Provider wie DaCast braucht, könnt ihr über Facebook und Instagram direkt über euer Smartphone oder Tablet senden. Bei Instagram geht das so: Ihr klickt einfach auf das Kamerasymbol, wischt nach rechts und geht direkt live. Der Nachteil: Euer Insta-Live ist mit euren Stories verknüpft, Das bedeutet, dass nur diejenigen den Stream sehen (vor allem aber: eine Benachrichtigung darüber bekommen!), die euch folgen. Auch die Bedienung über Facebook ist super leicht: Klickt einfach auf „Beitrag erstellen“ und wählt „Live-Video“ aus. Der Vorteil: Anders als bei Instagram könnt ihr hier entscheiden, mit welcher Kamera und welchem Mikro ihr arbeiten wollt. 

Außerdem könnt ihr euren Livestream bei Facebook (im Gegensatz zu Instagram) speichern, sodass eure Fans den digitalen Gig auch später noch verfolgen können.

… oder ein Set-up für größere Ansprüche?

Eigentlich ist die Plattform Twitch vor allem bei Gamern beliebt. In Zeiten der Corona-Krise entdecken sie aber auch Künstler und Musiker als Online-Bühne für sich. Der Vorteil: Die Mitgliedschaft ist gratis, eure Fans brauchen nicht unbedingt einen Account, um eure Gigs zu verfolgen. Außerdem top: Es werden nicht nur die eigenen Follower erreicht und eure Streams können gespeichert werden. In anderen Ländern ist die Plattform Stageit beliebt, die sich komplett auf Konzertstreams spezialisiert hat. Anders als bei Twitch ist hier eine Anmeldung nötig, um euer Konzert als Fan zu verfolgen. Streams können nicht gespeichert werden, dafür gibt es eine Bezahlschranke auf Spendenbasis, damit ihr als Band etwas verdient.

Generell gilt: Je mehr Menschen ihr erreichen wollt, desto mehr Plattformen solltet ihr parallel nutzen. Das klappt mithilfe sogenannter Simulcasting-Anbieter. Der große Vorteil: Ihr seid maximal sichtbar und bietet euren Fans unterschiedliche digitale Wege, euer Konzert zu verfolgen. Noch dazu könnt ihr die Kommentare, die über die Streaming-Plattformen auflaufen, an einem Ort verwalten. So behaltet ihr die Übersicht, wie viele Fans euch von wo aus gerade zuschauen.


Egal, ob ihr euch am Ende für eine oder mehrere Plattformen entscheidet: Promotet euren Livestream. Je früher eure Fans wissen, dass ihr live geht, desto mehr sind dabei. Hier lest ihr mehr darüber, wie ihr selbst besser digitale DIY-Musikpromotion machen könnt.


Eine gute Internetverbindung

Wenn ihr keine schnelle Internetverbindung habt, kommt ihr bei euren Live-Gig aber trotzdem nicht weit. Die Qualität eures Livestreams (und damit auch eures Auftritts) steht und fällt mit der Uploadrate (nicht Downloadrate!) eures Internetanschlusses. Je schneller euer Upload, desto besser ist die Bildqualität. Heißt: Sorgt unbedingt dafür, dass ihr nicht nur eine möglichst schnelle, sondern auch eine konstante Internetverbindung habt – und streamt am besten nicht aus dem dick vermauerten Proberaum im Keller. Für den Upload könnt ihr euch folgende Zahlen merken: Für eine solide Auflösung (720p) benötigt ihr mindestens 3Mbit Upload, für FullHD (1080p) mindestens 6Mbit. Mehr sind immer besser. Eure Bandweite könnt ihr rechtzeitig vor dem Livestream testen. Beendet an eurem Computer oder mobilen Endgerät alle Prozesse, die ihr während des Konzerts nicht braucht.

Die richtige Technik für das Bild

Wer vom Wohnzimmer oder Proberaum raus in die Welt streamt, will natürlich gut gesehen werden. Heißt: Ihr braucht die richtige Kamera. Profikameras und Filmbeleuchtung sind teuer. Ein Grund, warum viele Bands (auch, weil es so unkompliziert und schnell geht) auf ihre Smartphone-Kamera zurückgreifen. Das Gute: Die reicht oftmals völlig aus. Denn Smartphone-Kameras liefern heutzutage solide Videoqualität. Was ihr aber auf jeden Fall braucht, ist ein Stativ, denn eine stabile Kamera liefert ein besseres Bild – und vermeidet, dass der Livestream ständig ruckelt. Auch wichtig: Denkt an die Beleuchtung. Ausreichend (natürliches) Licht liefert bessere Ergebnisse, mit dunklen Lichtverhältnissen sind Smartphone-Kameras erfahrungsgemäß auf Kriegsfuß. Wer unkompliziert streamen will, kann außerdem auf interne Webcams oder herkömmliche externe Webcams, beispielsweise die Logitech C920 HD Pro setzen, die sich per USB an den Rechner anschließen lässt. Wer noch hochwertiger streamen will, nutzt videofähige Kameras mit vorhandenem HDMI/Monitor-Ausgang.


Was ihr auf dem Schirm haben solltet: Möglicherweise benötigt ihr dafür zusätzliche Hardware, um die Kamera an den Rechner anzuschließen.


So könnt ihr mit Livestreaming Geld verdienen

Keine Konzerte, das heißt oft auch: keine Kohle. Und das ist für Musiker und Bands ein echtes Problem – vor allem für die unter euch, für die Musik ihre Haupteinnahmequelle ist. Mit Livestreaming könnt ihr das ändern. Es gibt spezielle Plattformen wie Stagetasy, auf denen ihr Eintritt für euren Gig verlangen könnt. Bei fast allen oben aufgeführten Plattformen gibt es außerdem die Möglichkeit, einen Paypal-Spenden-Button einzufügen und die Fans um eine Spende zu bitten. Guter Tipp:


Reiht nicht nur Song an Song, sondern nehmt euch zwischendurch ausreichend Zeit, um auf die Kommentare und Fragen eurer Fans einzugehen.


Nutzt den Livestream doch für ein bisschen Werbung. Ihr arbeitet gerade an einem neuen Album? Super – dann ist jetzt die perfekte Gelegenheit für eine Ankündigung. Ihr habt grad einen Song rausgebracht? Dann animiert die Fans zum Kauf.

Die perfekte Lösung ist es zwar nicht. Aber hey: Es hilft zumindest, ein paar Taler zusammenzukratzen (netter Nebeneffekt: Ihr haltet den Kopf in Zeiten der Krise über Wasser und macht endlich mal wieder Live-Musik). Und mal weg vom Geld: Ein Livestream bietet die Möglichkeit, endlich wieder in Kontakt mit den Fans zu treten, euch zu zeigen, Erlebnisse zu teilen. Erzählt doch mal, wie es euch gerade geht und wie ihr die Zeit der Krise so meistert. Das kommt nicht nur ehrlich und sympathisch rüber, sondern verbindet auch. Ihr wisst ja: Zusammen ist man weniger allein.

Mit unseren Tipps für gutes Livestreaming gibst du auch in Zeiten von Corona starke Gigs. Stöbere doch weiter in unserem Magazin. Dort haben wir viele weitere Inhalte rund um das Thema DIY-Recording, etwa wie ihr noch besser Gesang aufnehmen könnt oder wie eure Drum Recordings noch fetter werden.

Bildquelle Headergrafik: © The Hirsch Effekt