Nyquist-Shannon-Theorem – ein Meilenstein in der Digitalisierung

Partywissen oder ein Schritt zum tieferen Verständnis von der analogen zur digitalen Signalumwandlung? Beides!

Nyquist? Shannon? Wer bitte? Theorem? Was bitte? Noch nie gehört … Aber hundertpro hat jeder von uns täglich damit zu tun. Den beiden Herren Harry Nyquist und Claude Shannon verdanken wir nämlich die Digitalisierung von Musik. Bevor wir dich jetzt aber mit Formeln und Abhandlungen erschlagen (und das könnten wir), halten wir es lieber anschaulich. Das Nyquist-Shannon-Theorem, oder kurz Abtasttheorem, besagt: Wird ein analoges Signal mit einer bestimmten Mindestfrequenz abgetastet, kann es digitalisiert und später wieder hörbar gemacht  werden. Stell dir einfach vor, du willst mit deinem Finger dein Display entsperren. Dafür wird dein analoger Fingerabdruck vorher einmal abgetastet und digital gespeichert. In der Theorie lässt sich das Signal nahezu exakt und fehlerfrei rekonstruieren, allerdings ist das in Praxis nicht so einfach möglich. Je nach gewählter Abtastrate wird das analoge Signal besser oder schlechter digitalisiert. Wichtig, wenn du im Home-Recording beispielsweise ein Demo aufnimmst. Je besser das Signal digitalisiert wurde, desto besser kann es wieder hörbar gemacht werden. Wie das klappt, ohne dass dabei unterwegs etwas schiefgeht, schauen wir uns jetzt an.

Samples wandeln das Signal von analog in digital um

Lass uns davon ausgehen, dass ein analoges Signal als Sinuskurve um eine horizontale Achse schwingt. Das Signal wird jetzt in bestimmten Abständen, also zu bestimmten Zeitpunkten, abgetastet – daher auch der Name Abtasttheorem. Das passiert ultra oft. Anhand dieser Abtastpunkte (Samples) ergibt sich ein digitales Signal. Das digitale Signal kann dann wieder rekonstruiert und hörbar gemacht werden. Ähnlich wie beim „Verbinde-die-Punkte-Spiel“, wo aus den verbundenen Punkten ein Bild entsteht.

Dank des Nyquist-Shannon-Theorems können Signale digital gespeichert werden

Zugegeben, die Methode mit dem Abtasten (Sampling) klingt jetzt nicht gerade kompliziert. Wir hatten ja gesagt, dass wir dich mit Formeln verschonen. Aber um doch noch mal einen kurzen Blick in die Blackbox auf dem Weg zwischen analogem zu digitalem Signal zu werfen, müssen wir ein wenig tiefer in die Materie eintauchen und kommen um ein bisschen Komplexität nicht herum.

Denn das Nyquist-Shannon-Theorem besagt konkret:

Ein bandbegrenztes Signal wird nur dann fehlerfrei beschrieben und rekonstruiert, wenn es mit mehr als dem Doppelten der Maximalfrequenz abgetastet wird.

Ja, da ist er, der unverständliche Bahnhof. Lass uns deshalb mal auf die einzelnen Begriffe schauen, die mit dem Abtasttheorem zu tun haben, und das Puzzle Schritt für Schritt zusammensetzen. Wir wollen dir zeigen, welche Prozesse beteiligt sind, wenn du zum Beispiel Gesang aufnimmst und dabei deine Stimme durch ein Mikrofon digital umgewandelt wird.

 

Bandbegrenzung

Das menschliche Gehör erfasst Frequenzen nur bis 20 kHz. Wenn dein Hund plötzlich aufmerksam seinen Kopf reckt, hat er etwas außerhalb dieses Spektrums gehört, was wir nicht mehr wahrnehmen. Das heißt, unser Gehör ist auf einen bestimmten Frequenzbereich begrenzt, beziehungsweise bandbegrenzt.

 

Tiefpassfilter

Für die Bandbegrenzung nach oben kommt ein Tiefpassfilter ins Spiel. Er eliminiert alle Frequenzen, die oberhalb einer bestimmten Frequenz liegen. Für unser Gehör würde so ein Tiefpass alle Frequenzen oberhalb von 20kHz entfernen. Die würden wir eh nicht hören, also weg damit!

Nehmen wir an, du willst Musik produzieren. Die höchste Frequenz in deiner Aufnahme ist auch gleich 20 kHz. Wie realistisch das wäre, sei mal dahingestellt. Jetzt wird sie mit mehr als der doppelten Maximalfrequenz abgetastet. Also muss die Abtastfrequenz größer 40 kHz sein. Das hieße, deine Aufnahme wird mehr als jede vierzigtausendstel Sekunde abgetastet. Die Samples liegen jetzt also jeweils nur eine vierzigtausendstel Sekunde voneinander entfernt. Wahnsinn! Dank dieser Abtastrate werden keine Fehler bei der Digitalisierung deiner Aufnahme gemacht. Betrachten wir es mal so: Wenn unser analoges Signal eine durchgezogene Linie war, ist unser abgetastetes Signal eine gepunktete Linie. Zwischen unseren Abtastwerten (Samples) ist nun ein leerer Raum, den wir wieder füllen müssen, wenn wir unsere Aufnahme hören möchten.

 

Sampling

Aber wie wird aus den Samples jetzt wieder ein Signal? Indem sie quasi wieder nacheinander und ohne Abweichungen verbunden werden. So entsteht kein Kuddelmuddel. Wenn alles verbunden ist, haben wir ein neues Signal. Dieses Signal ist dem Original sehr ähnlich, aber nicht mehr das gleiche Signal. Dennoch ist es so ähnlich, dass uns die Unterschiede nicht auffallen.

Es gibt nur eine mathematische Lösung für das bandbegrenzte Signal, die alle Samples durchläuft.

Abtastrate

Aber warum ist die Abtastrate so wichtig? Ganz einfach: Ist sie zu niedrig, kann es zu einer Unterabtastung kommen. Dann entstehen Fehler (Aliasing) im abgetasteten Signal und es kann nicht korrekt reproduziert werden. Wenn die Abtastrate höher ist, werden mehr Punkte unserer Aufnahme digital gespeichert. Das hilft dabei, wenn wir die digitalen Daten wieder hörbar machen wollen.


Das Nyquist-Shannon-Theorem in der Praxis

Bitte einmal kurz durchatmen. Wir möchten dir noch ein weiteres Feld zeigen, wo das Abtasttheorem konkret im Alltag vorkommt und dir ein bisschen Aha!-Wissen mit auf den Weg geben:

Die Abtastrate des CD-Standards ist 44,1 kHz. Das bedeutet, dass ein Bereich bis 22,05 kHz möglich ist. Wenn das menschliche Ohr nur einen Bereich bis 20kHz wahrnehmen kann, wieso existieren dann so hohe Abtastraten? Nun, die Abtastrate ist nicht das einzige Stück in der Digitalisierung, es spielen noch weitere komplexe Faktoren mit.

Und diese Faktoren brauchen eben diese leicht höheren Bandbreiten. Aber was ist mit den höheren Abtastraten von 88,2 kHz, 96 kHz oder sogar 192 kHz? Allgemein kann man sagen: Höhere Abtastraten bedeuten nicht gleich bessere Qualität. Raten bis zu 96 kHz können die Qualität verbessern. Alle Raten, die darüber liegen, wirken sich so gut wie gar nicht auf die Qualität aus.

Ziemlich clever, wie Nyquist und Shannon dank ihres Theorems die Digitalisierung auf so vielen Bereichen beeinflusst haben. Denn, last, but not least:

Das Abtasten oder Rastern nach dem Nyquist-Shannon-Theorem findet auch bei Bildern und Videos Anwendung.

Natürlich ist das Abtast-Theorem nicht allein dafür zuständig, dass unsere digitale Aufnahme wieder gut hörbar reproduziert werden kann. Wichtig ist zum Beispiel auch die sogenannte Bittiefe, die eine grobe oder feine Einteilung der Amplitude ermöglicht. Das Theorem ist allerdings ein wichtiger Bestandteil und unverzichtbar für gute Aufnahmen.

Headergraphik: ©  AdobeStock/ Davizro Photography

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