LENNAs neuer Proberaum: Vom Kuhstall ins professionelle Recording-Studio

Die Bremer Band LENNA erzählt von alten und neuen Proberäumen und warum eine Eintrittskarte für viele nur noch einen Döner wert ist.

Der Proberaum ist für viele Bands etwas Heiliges, der Tempel, der Nukleus des eigenen kreativen Schaffens. Den Proberaum zu wechseln bedeutet häufig einen Schnitt in der Bandhistorie. Die Band LENNA aus Bremen, langjährige Mitglieder der Endorsement-Künstlerfamilie von IMG STAGELINE, ist diesen Schritt nun gegangen. IMG STAGELINE hat die Bremer Band um Sängerin Alenna Rose im neuen Proberaum besucht – nichts geringerem als die Harbor Inn Studios Bremen – und nachgefragt, warum.

 

Liebe LENNAs, ihr seid vor Kurzem in einen neuen Proberaum gezogen. Warum?

 
Alenna Rose: LENNA

Vor allem, weil uns der alte Proberaum zu klein wurde. Uns wurde immer wichtiger, im Proberaum auch genau so stehen zu können, wie wir live stehen. So können wir die Live-Situation viel authentischer proben. Gleichzeitig war es ein großer logistischer Aufwand, im alten Proberaum gute Demo-Recordings zu machen. Wir mussten Technik reinschaffen, verkabeln und so weiter. Klar gibt es kabellose Lösungen für Mischpult und PA, trotzdem brauchten wir mehr Mikrofone.

 
Juri Reckeweg: LENNA

Unser neuer Proberaum ist jetzt gleichzeitig unser Studio für kleine Demos, weil wir hier einen eigenen Aufnahmeraum haben und auch sonst permanent besser technisch aufgestellt sind. Wir können hier hochwertig unsere Musik selbst aufnehmen.

Moment, ihr probt quasi in eurem eigenen Aufnahmestudio?! Das ist also Proberaum und Studio in einem Raum?

 
Tammo Reckeweg: LENNA

Jein. Alles können wir hier nicht machen. Aber seien wir ehrlich, hochwertige Aufnahmen für eine Single oder dergleichen sind sehr teuer. Gerade wenn jemand das extern aufnimmt, abmischt, mastert und wir das Ganze professionell veröffentlichen wollen. Das sind ein paar Tausend Euro, die wir nicht einfach mal so rumliegen haben. Deswegen machen wir es so: Unsere neuen Songs schneiden wir hier vor Ort so gut wie möglich mit. Wenn wir dann für ein größeres Release in ein Tonstudio gehen, können wir einige gute, verwendbare Tonspuren bereits mitbringen. Das spart Zeit und Geld und durch zum Beispiel gute und genug Mikrofone in unseren neuen Räumlichkeiten gibt es keinen Qualitätsverlust mehr. Es ist eine Mischung aus Homerecording und Profi-Studio. Wir haben beispielsweise hier im Proberaum Schlagzeugspuren aufgenommen und zu einem Produzenten in Berlin geschickt. Der bearbeitet die dann noch mal und kombiniert die mit Gitarrenspuren, die wir dort in Berlin vor Ort aufgenommen haben.

Ab einem bestimmten Anspruch machst du als Band zwar kein reines Homerecording mehr. Du musst aber heutzutage auch nicht alles in fremde Hände geben, wenn du ein tolles Ergebnis willst.

Heutzutage muss niemand im Tonstudio bei null anfangen. Zumindest das, was früher die „Schmutzspur“ war, kann man heute selbst machen und mit ins Studio bringen. Und noch viel mehr, alles mit verhältnismäßig kleinen Mitteln.


So sieht der neue Proberaum von LENNA aus:


Fiel euch der Umzug von eurem alten in den neuen Proberaum schwer?

 
Juri Reckeweg:

Unseren alten Proberaum auf dem Dorf haben wir mit Crowdfunding und jeder Menge DIY von einem leeren Kuhstall in einen tollen Übungsraum umgebaut. Da war eine große Grube in der Mitte, die wir zuschütten mussten. Es war nichts an den Wänden. Das war unglaubliche Arbeit. Von daher: Ja. Es war ein Abschied. Aber wenn man so ein Angebot als Band bekommt und dann auch noch sicherstellen kann, dass der alte Raum zumindest weiterverwendet wird, siegt die Vernunft. Unser Anspruch an uns selbst als Band ist gestiegen und so muss auch unsere technisch-kreative Umgebung mitwachsen.

Wie kommt eine Band an einen so tollen Raum? Davon träumt jeder Musiker…

Es helfen Kontakte, gepaart mit einer guten Ausstrahlung als Band in Zusammenarbeit mit anderen Musikern und Technikern. Dann entstehen solche Möglichkeiten – wir hatten aber wohl auch einfach ein wenig Glück.


Der alte Proberaum der LENNAs während der Umbauarbeiten:


Was ist euch in einem Proberaum denn wichtig, was sind Must-haves?

 
Tammo Reckeweg:

Als Erstes fällt mir da ein, dass der Raum trocken und einbruchsicher sein muss. Da stehen Werte im vier-, manchmal fünfstelligen Bereich drin, die zum Teil empfindlich auf Feuchtigkeit reagieren. Bei einem neuen Proberaum solltet ihr auch immer dran denken, dass am Ende nicht nur die Band drin, sondern auch eure Instrumente und eure Amps, Merch, Cases und anderes Zubehör drinsteht. Der Raum muss beheizbar sein, achtet darauf, ob viel kalte Luft reinkommt und ob ihr den Raum isolieren könnt. Da wartet manchmal eine Heizkosten-Falle, die ihr umgehen könnt, wenn der Proberaum gut isoliert ist.

 
Alenna Rose:

Wir brauchen auch die Flexibilität, also rein zu können, wann wir wollen. Und wie gesagt, wir müssen die Live-Situation darin möglichst authentisch proben können.

Apropos Live-Situationen: Ihr habt in letzter Zeit viel live gespielt, gleichzeitig sprechen alle vom Clubsterben und von der großen Unlust junger Leute, auf Konzerte zu gehen. Merkt ihr davon was?

 
Juri Reckeweg:

Schwierige Frage ... (lacht). Das Clubsterben kann man nicht leugnen. Gleichzeitig geben die Menschen weniger Geld für Konzerte aus und die Veranstalter verlangen entsprechend weniger. Weil sie die Leute von der Couch locken müssen. Das hilft natürlich nicht gerade den Bands, die gerne eine vernünftige Gage hätten. Wir sprechen hier teilweise über 5 Euro Eintritt, bei denen die Gäste am Eingang schon murren. Meine Güte, viel weniger kostet ein Döner auch nicht. Bei uns bekommen Gäste das Produkt von vielen Stunden Übung und einem guten Proberaum. An einem Abend bekommen wir aber durchschnittlich nicht mal den Mindestlohn.

Zum Teil liegt das an den Streamingdiensten. Unsere Generation bekommt die Musik fast umsonst aus der Steckdose. Ich denke, deswegen schätzen viele Hörer Live-Musik nicht mehr so.

Was könnt ihr als Musiker gegen diese Entwicklung tun?

 
Florian Mitz:

Wir können kommunizieren, wie teuer der Proberaum, das Equipment, die Studiozeit ist. Wir könnten mehr aus dem echten Bandalltag nach draußen zeigen, wie jetzt gerade. Dann sehen die Menschen einerseits, wie viel der ganze Kram kostet, andererseits, dass hier keiner reich wird oder auch nur von der Musik leben kann. Andererseits gibt es Konzerte wie Sand am Meer in den großen Städten. Vor allem von kleineren Bands. Ich glaube, die Clubkultur ist heute anders. Es kommen weniger Leute, dafür eher tiefer gehend interessierte Musikfans, die viel Einsatz für die Musikszene zeigen. Die wollen manchmal sogar mehr geben als die paar Euro Eintritt.

Vielleicht können Bands da ansetzen: mit Merchandise oder Crowdfunding-Portalen.

Liebe LENNAs, vielen Dank für das Gespräch!

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Fotos © LENNA