6 Gründe, eine Band (nicht) aufzulösen

Wir haben die Artists der IMG-Familie gefragt, wie sie ihre Bands organisieren – und 6 Stolperfallen entdeckt, die ihr vermeiden solltet


Es sind oft die kleinen Befindlichkeiten, die über lange Zeit zu großen Rissen innerhalb einer Band führen. Wir haben rumgefragt und 6 klassische Gründe gefunden, warum Bands zerbrechen – und überlegt, wie das zu verhindern ist.

Problem 1: Ihr habt unterschiedliche Erwartungen an das Projekt

Ein fiktives Szenario: Eine junge Band spielt immer mehr Konzerte, auch außerhalb der eigenen Stadt. Zur gemeinsamen Abfahrt am Proberaum kommt der Drummer regelmäßig zu spät. Damit konfrontiert, sagt er: „In meiner Freizeit möchte ich mich nicht auf die Minute genau abhetzen.“ Die Chance ist hoch, dass nicht jedes Bandmitglied die eigene Band als bloße Freizeitbeschäftigung ansieht. Vor allem ein pünktlicher Aufbau und ein reibungsloser Soundcheck macht Bands bei Veranstaltern und anderen Bands beliebt. Die gleiche Baustelle sind regelmäßige Proben: Wie lange wollt ihr proben, mit welchem Anspruch? Sind Proben auch Songwriting-Stunden oder wirklich nur Live-Probeläufe?

Macht euch früh klar, wie professionell euer Anspruch an Musik und Konzerte ist – und ob es einen Konsens gibt. Ist euch bewusst, wohin die Reise gehen soll?

Problem 2: Ihr seid (und bleibt) eine Zweckgemeinschaft

Wenn eure Band ein Herzensprojekt ist, an dem ihr zusammen wachst, merkt ihr schnell: Es reicht nicht, nur „zusammenzuarbeiten“. Bandmitglieder müssen sich gegenseitig in höchstem Maße vertrauen und sehr offen miteinander sprechen. Nicht nur über Noten und Akkorde, sondern auch über Erwartungen, Wünsche, Geld, Zukunftspläne. Alle Bandmitglieder verdienen neben der Band unterschiedlich viel Geld, nutzen aber in gleichem Maße den Proberaum, die Technik darin und den Band-Sprinter. Da braucht es viel Vertrauen zueinander.

„Wir sind alle miteinander groß geworden und haben gelernt miteinander zu reden. Eine Band ist wie eine Beziehung, man sollte sie pflegen und hegen und über seine Bedürfnisse reden.“

— Maurice Klinge, Sänger von REDNIGHT

Was Maurice beschreibt, ist aber der Idealzustand. Denn wer als Freunde zusammen aufgewachsen ist, vertraut sich normalerweise. Auch in geldlichen Fragen finden Bandkollegen, die sowieso schon Freunde sind, leichter zusammen. Für alle andere gilt: Unternehmt mal etwas zusammen, was absolut nichts mit Musik zu tun hat! Lernt etwas über den anderen, bleibt euch nicht fremd.

Problem 3: Ihr habt keine Strukturen

Wenn die Band eine längerfristige Sache sein soll, findet Strukturen. Nutzt eine Bandkasse, in die konsequent die Einnahmen aus Merch-Verkäufen und Gagen fließen, und zahlt monatlich einen kleinen Betrag ein. Dann findet ihr leichter eine feste Regelung, wie Ihr Band-Ausgaben abdeckt: Backdrop, Presswerk, neues Merch, Geld für Artworks, Studiozeit, Akustik-Maßnahmen im Proberaum. Merkt ihr immer wieder, dass bestimmte Abläufe nicht funktionieren, so strukturiert sie. Stellt klar formulierte Regeln auf. Das schützt vor Streitigkeiten.

 
Max „KESH“ Meißner, Rapper: „Reflektiert gemeinsam, wie ihr sein wollt!“

„Viele haben die Wunschvorstellung, ein paar Songs zu spielen, entdeckt zu werden und ab geht’s. Das ist heute nicht mehr so. Die Plattenfirmen suchen gezielt nach Musikern, die schon selbst etwas darstellen, die genug Klicks und Likes haben und in den aktuellen Zeitrahmen passen. Das bedeutet aber bitte nicht, dass ihr auf Klicks und Likes hinarbeitet solltet. Viele Künstler arbeiten hartnäckig an genau diesen Sachen und machen damit nur das, was Tausende Musikerinnen schon vorher gemacht haben. Sie sind so, wie sie glauben sein zu müssen. So zwängt ihr euch selbst in ein Korsett. Wenn ihr euch aber 5 Jahre lang jeden Tag den Arsch aufreißt und trotzdem nicht viele Klicks oder Likes habt – dann müsst ihr gerade an diesem Punkt einfach weitermachen und dürft nicht aufgeben.“

Problem 4: Ihr versteht eure Musik anders als eure Bandkollegen

Bandmitglieder finden häufig in jungen Jahren zusammen. Nicht immer, aber oft beginnt die gemeinsame Reise als junger Erwachsener oder sogar als Teenie. Ihr schreibt erste Songs, nehmt das erste Album auf. Diese Lebensphase ist aber auch eine musikalische Findungsphase. Nicht jeder hört und liebt ein Leben lang die gleichen Musikstile. „Punkrock“ könnte Ramones bedeuten, aber auch Sum 41. Ein Genre, zwei vollkommen verschiedene Musikstile. Gerade wenn nicht alle Bandmitglieder am Songwriting​​​​​​​ beteiligt sind, kann es schleichende Entwicklungen geben, mit denen nicht alle einverstanden sind. Den Stil der Band müsst ihr von Zeit zu Zeit reflektieren. Wenn ihr euch mit eurem Stil nicht mehr wohlfühlt, sprecht über Elemente, die euch fehlen oder stören.

Es ist weder gut, das Songwriting einfach in „eure“ Richtung zu drücken, noch eine neue Richtung einfach zu ertragen.

 
Max „KESH“ Meißner, Rapper: „Nur wenn alle das Gleiche wollen, kämpfen sie zusammen.“

„In einer Band darf es keine Demokratie geben! Du brauchst einen, höchstens zwei Menschen, die den Ton angeben. Bei sechs Leuten hast du acht verschiedene Meinungen. Dann geht es schnell um Egos und Geld – und das mündet schnell in Streit. Such dir keine Menschen, die ein Schiff bauen wollen, such dir Menschen, die Sehnsucht nach dem Meer haben! – das hat mein Dad immer zu mir gesagt. Wenn alle das Gleiche wollen, dann kämpfen sie zusammen mit einem, der sie anführt.“

 
Sebastian Dracu, Gitarrist: „Mein Erfolgsrezept: Diktatur!“

„Die meisten Bands zerbrechen daran, dass die Realität sie einholt. Wer anfängt, Musik zu machen, weiß gar nicht, worauf er sich einlassen muss. Die romantische Vorstellung von vier Freunden gegen den Rest der Welt wird sehr schnell enttäuscht. Kleine Hürden wie die Fragen „Wie nennen wir uns?“ oder „Was schreiben wir in unser Instagram oder Facebook-Profil?“ sind heute oft schon Riesenprobleme. Dann kommt noch Songwriting, Look, Sound. Es sind schließlich mehrere Köpfe und nur ein Resultat am Ende – someone's feelings are gonna' get hurt, kids! Deswegen: Ich schreibe, ich hab den Plan. Wer dabei ist, ist dabei, wer nicht, der nicht. Meine Jungs kriegen innerhalb ihres Raumes aber jede Freiheit, dürfen sich austoben und können den geilsten Job der Welt machen: auf einer Bühne Rockmusiker sein. Mein Erfolgsrezept: Diktatur! Fair bezahlen, kein Arschloch sein. Das versuche ich zumindest.“

 
Axel Öberg, Sänger der schwedischen Band The Bland

"Welche Songs wir zum Beispiel aufnehmen, ist eine demokratische Entscheidung. Wir waren für das letzte Album oft zu viert im Studio. Meistens konnten wir Songs nehmen, die alle vier toll fanden. Manchmal Songs, die nur drei von uns mochten. Wenn nur zwei von vier Bandmitgliedern den Song cool fanden, haben wir ihn sofort weggelassen. Was Songwriting und Sound-Entscheidungen angeht: Wir versuchen immer denjenigen die Entscheidungen treffen zu lassen, der am meisten für den Song empfindet. Wenn jemand mehr für einen Song fühlt als die anderen, trifft derjenige auch die wichtigsten Entscheidungen, was diesen Song angeht."

Problem 5: Ihr werft Probe- und Planungstermine durcheinander

Das klingt vielleicht ein wenig spießig, aber wenn ihr aber immer wieder versucht, musikalische und nicht-musikalische Termine zusammen abzuhandeln, kommt beides zu kurz.

Es ist sowieso förderlich, Planungstreffen an einem anderen Ort als im Proberaum abzuhalten.

Sonst klimpert immer einer dazwischen, muss unbedingt sein Wah-Wah ausprobieren und ein neues Becken testen. Diese Art der „Versandung“ hält euch auf und frustriert unheimlich – vielleicht alle von euch, vielleicht auch nur einzelne Mitglieder. Wenn ihr in dieser Hinsicht sicher gehen wollt: Trefft euch doch einmal im Monat in einem Café, Biergarten oder bei einem von euch zuhause. Legt vorher(!) fest, worüber ihr sprechen wollt: Anspruch an Gagen, neue Songs, neue Anschaffungen für den Proberaum. Und zieht es durch. Es wirkt Wunder für die Bandstruktur.

Problem 6: Eure Fähigkeiten am Instrument sind sehr unterschiedlich

Manche Musiker machen sehr schnell Fortschritte, andere stagnieren. Was tun, wenn der Gitarrist/Basser/Drummer nicht mehr mithalten kann? Und schlimmer noch, wie reagieren, wenn die Bandchemie daran zu zerbrechen droht, weil es am Ende auch um Freundschaften geht? Eine mögliche Lösung ist Unterricht. Wenn euer Bandkollege wichtig für euch ist, ihr ihn in der Band halten wollt, schmeißt für Unterricht zusammen. Musikerin ist schließlich niemand aus Zwang – die Motivation müsste ja da sein. Eine andere Möglichkeit, um handwerklich auf ein Level zu kommen: isolierte Zweier-Übungen in niedrigerer Geschwindigkeit (BPM). Handelt es sich zum Beispiel um euren Gitarristen, könnte der verstärkt mit dem Drummer im Duett üben. Ihr spielt dann ein Riff erst einmal in halber BPM – dafür super präzise und tight. Dann werdet ihr gemeinsam schneller. Gemeinsam üben und das Problem nicht ignorieren – das ist wichtig.

Im Grunde läuft alles darauf hinaus, regelmäßig miteinander zu sprechen – so lassen sich Befindlichkeiten schnell klären und sinnlose Brüche verhindern.
Wie Maurice von RedNight bereits sagt: Eine Band muss sich pflegen, Wünsche müssen klar sein. Sonst knallt es – vielleicht nicht morgen, aber irgendwann. Und dann zerbricht nicht nur ein Künstlerkollektiv, sondern es zersplittern oft auch Freundschaften.

Fotos ©The Bland